Durchs Maggia tal geht`s ins urtümliche Val Bavona

locarno - ponte Brolla - maggia - cevio - Cavergno - S.Carlo

Das Valle Maggia ist nicht nur bekannt durch seinen namensgebenden klaren Fluss, sondern ist auch das grösste Tal der italienischen Schweiz. Halbstündlich wird es durch die beige-blauen Fart Busse ab Locarno erschlossen. Ab Cavergno, dem letzten Dorf des Maggiatals, geht es mit dem PostAuto ins urtümliche und wunderschöne Val Bavona.

Für die Überlandlinie ins Maggiatal kommen neue MAN Lion`s City in dreitüriger Ausführung zum Einsatz
Für die Überlandlinie ins Maggiatal kommen neue MAN Lion`s City in dreitüriger Ausführung zum Einsatz

62.315, Locarno - Ponte Brolla - Maggia - Cevio - Cavergno

Die FART betreibt neben den vier Stadtlinien auch mehrere überregionale Linie. Die wichtigste und best frequentierste ist jene mit der Nummer 315, die ins Maggiatal führt. Im 30 Minutentakt lassen die Gelenkbusse den Bahnhofsplatz von Locarno hinter sich und nehmen die knapp ein stündige Reise in Angriff. Die Fahrzeuge der FART kämpfen sich nun durch den Stadtverkehr über S. Antonio nach Solduno. An den Haltestellen kann man auf diesem Abschnitt taleinwärts nur Ein- bzw. Richtung Locarno nur Aussteigen. 

 

Ponte Brolla bildet das Tor zum Maggiatal
Ponte Brolla bildet das Tor zum Maggiatal

Nach gut 10 Minuten trifft der Bus in Ponte Brolla ein, wo sich das Centovalli (620) und das Valle Maggia verzweigen. Hier verlässt auch die Maggia das gleichnamige Tal und fliesst durch eine enge Schlucht in die Melezza. Die bizzaren Felsen bilden auch den Austragungsort von Europa- und Weltmeisterschaften im Klippenspringen. Die 33 Meter hohe Steinbrücke, welche hinüber nach Tegna führt, hat übrigens der Ortschaft ihren Namen gegeben. Der Linienbus biegt nun rechts ab und folgt dem Flussverlauf der Maggia. 

Das ehemalige Eisenbahntrasse ist nun ein Veloweg, wie hier vor Maggia
Das ehemalige Eisenbahntrasse ist nun ein Veloweg, wie hier vor Maggia

Kurze Zeit später kann man auf der linken Seite eine etwas verrostete Stahlbrücke erkennen. Diese stammt von der 1907 eröffneten Ferrovia Locarno–Ponte Brolla–Bignasco, kurz LPB. Sie brachte den Bewohnern des zweitlängsten Tessiner Tals eine komfortable Verbindung nach Locarno und erleichterte den Abtransport des in Cevio gewonnenen Granits. Für die 27 Kilometer lange schmalspurige Strecke brauchten die elektrischen Triebwagen, welche mit einer einzigartigen Seitenfahrleitung des Systems MFO angetrieben wurden, rund 75 Minuten.

Die Ortschaft Maggia bildet mit mehreren Einkaufsmöglichkeiten und Spital das Zentrum des Tals
Die Ortschaft Maggia bildet mit mehreren Einkaufsmöglichkeiten und Spital das Zentrum des Tals

Das schwach bevölkerte, relativ arme Tal mit dem noch sehr zaghaften Tourismus konnte die erwarteten Frequenzen nicht erbringen. So beschloss der Tessiner Kantonsrat die marode Bahn gegen den Willen der Bevölkerung stillzulegen und durch eine Autobuslinie zu ersetzten. Das im Anschluss rückgebaute Eisenbahntrasse wurde teilweise zur Verbreiterung der Kantonsstrasse genutzt oder als Veloweg umgebaut. Der Linienbus braust nun vorbei an der Ortschaften Avegno und Gordevio nach Maggia. Mit Migros, Coop und Denner ist es das eigentliche Versorgungszentrum des Maggiatals.

 

Während Jahren wurde der gesamte Verkehr von Solaris Gelenkbussen bewältigt
Während Jahren wurde der gesamte Verkehr von Solaris Gelenkbussen bewältigt

Der moderne Gelenkbus fährt anschliessend weiter taleinwärts, vorbei an den Ortschaften Lodano, Coglio und Someo. Während der Fahrt sind immer wieder Überbleibsel der alten Eisenbahnstrecke zu erkennen, wie Bahnhofsgebäude, Tunnelportale oder Brücken. Bei Visletto wechselt die Strasse wie auch das alte Trasse der LPB die Uferseite der Maggia. Der nächste Halt befindet sich in Cevio. Zahlreiche farbige Gebäude mit kleinen, romantischen Innenhöfen bestimmen das liebevolle Stadtbild. Die Ortschaft ist auch Ausgangspunkt einer äusserst sehenswerten PostAuto-Linie, 

Der Fart Bus überquert zum letzten Mal auf der Fahrt nach Cavergno die Maggia
Der Fart Bus überquert zum letzten Mal auf der Fahrt nach Cavergno die Maggia

welche ins höchstgelegene und einzig deutschsprachiges Dorf vom Kanton Tessin führt, Bosco/Gurin. (62.331) Doch zurück ins Tal. Der blau-beige Bus folgt weiter dem Verlauf der Maggia. Vorbei am neugebauten Alterszentum trifft der Bus in Bignasco ein. Hier endeten einst die Gleise der Maggiatalbahn. Ausser der ehemaligen Depotanlagen, die nun als Busgarage dienen, erinnert aber nichts mehr daran. Dennoch starten von hier nach wie vor zwei sehenswerte PostAuto-Linien: eine führt in das Val Lavizzara nach Fusio (62.334), die andere ins Bavonatal nach San Carlo (62.333)

Der Linienbus trifft beim Paese von Cavergno ein
Der Linienbus trifft beim Paese von Cavergno ein

Die Linie 315 ist hier jedoch noch nicht zu Ende, sondern sie überquert anschliessend ein weiteres Mal die Maggia und verkehrt weiter ins Nachbarsdorf Cavergno. Eine erste Strasse hierhin wurde bereits 1824 eröffnet. In den folgenden Jahren wurden dann auch die Seitentäler mit einer Fahrstrasse erschlossen. Jedoch konnte ein schon damals geplanter Tunnel hinüber in die Leventina bis heute nicht realisiert werden. So ist und bleibt das Maggiatal und die angrenzenden Seitentäler, zumindest für den motorisierten Verkehr, eine Sackgasse. 

 

 

Vor dem alten Depot der Maggiatal Bahn wartet der Neoplan Transliner (Baujahr 2004) auf die Abfahrt
Vor dem alten Depot der Maggiatal Bahn wartet der Neoplan Transliner (Baujahr 2004) auf die Abfahrt

62.333 Bignasco - Cavergno - S. Carlo 

Bignasco, Posta ist im Sommer Ausganspunkt der PostAuto Linie 333. Diese führt in gut 30 Minuten durch das malerische Bavonatal hinauf nach S. Carlo. Der Fahrplan beschränkt sich auf maximal fünf tägliche Verbindungen im Sommer. Normalerweise kommt auf der Linie ein Neoplan N312 des PostAuto-Halters Servizi Pubblici Vedova SA, Cevio zum Einsatz. Dieser Fahrzeugtyp prägte während Jahren das Bild auf den Tessiner Berglinien. Heute sind die bald 20 jährigen Fahrzeuge (leider) fast überall ausrangiert und durch neue Busse ersetzt. 

Das Nachfolgemodell, ein MAN/Beulas in Cavergno
Das Nachfolgemodell, ein MAN/Beulas in Cavergno

Nachdem der Anschluss aus Locarno abgenommen wurde und die Passagiere umgestiegen sind, kann die Bergfahrt beginnen. Doch bevor das PostAuto ins naturbelassene Val Bavona einbiegt, fährt es parallel zur Linie 315 zum Dorfplatz von Cavergno. Unmittelbar danach wird die Zivilisation definitiv hinter einem gelassen und das Fahrzeug der Post taucht in eines der urtümlichsten Täler des Tessins ein. Die schmale Strasse schlängelt sich dem Verlauf des Bavona Flusses taleinwärts. Vorbei an unzähligen riesigen Felsbrocken erreicht der Linienbus die pittoreske Ortschaft Sabbione.

Das Hochflurfahrzeug unterwegs im dicht bewaldeten Bavonatal
Das Hochflurfahrzeug unterwegs im dicht bewaldeten Bavonatal

Auf dem Weg nach San Carlo werden insgesamt zwölf kleine Weiler, sogenannte Terre durchfahren. Dessen Bewohner werden übrigens liebevoll Terrieri genannt. Auch wenn das Tal seit 1950 mit einer Fahrstrasse erschlossen ist, scheint die Zeit hier stehen geblieben zu sein. So sind zum Beispiel die Dörfer mit den typischen Steinhäusern bis heute nicht ans Stromnetz angeschlossen. Der gelbe Linienbus tuckert nun gemächlich nach Foroglio. Hinter dem wunderschönen Dorfkern donnert einer der schönsten Wasserfälle des Tessins, der imposante Cascad di Foroglio, rund 110 Meter ins Tal.

Die Fahrt führt an mehreren urtümlichen Dörfern vorbei
Die Fahrt führt an mehreren urtümlichen Dörfern vorbei

Auch wenn das Val Bavona landschaftlich sehr viel zu bieten hat, ist es stark von der Abwanderung betroffen. Viele Gebäude stehen heute kurz vor dem Zerfall. 2008 sank die Einwohnerzahl unter 50 Personen, so dass die ganzjährige Bedienung der Linie nicht mehr gerechtfertigt war. Seither verkehrt die Linie 333 nur noch von April bis Oktober. Ohne die Robiei Seilbahn, welche immerhin noch ein paar Touristen anlockt, würde es die sehenswerte Linie bei aktuell rund 20 gemeldeten Einwohnern wohl kaum mehr geben. Beim Weiler Roseto überquert die Strasse den Fluss und wechselt damit die Talseite.

Der Midibus mit Beulas Cassie und MAN Motor hat die Talstation der Robiei Luftseilbahn erreicht
Der Midibus mit Beulas Cassie und MAN Motor hat die Talstation der Robiei Luftseilbahn erreicht

Die Reise führt weiter in den Weiler Sonlerto. Auch hier wurden die zahlreichen Rusticis von Auswärtigen vor der Verlotterung gerettet und in schmucke Ferienhäuschen umgebaut. So konnte das urtümliche Ortsbild wenigstens teilweise erhalten werden. Auf den letzten zwei verbleibenden Kilometern wird das Bergpostauto noch einmal gefordert. Denn es muss noch knapp 200 Höhenmeter bis zur Endstation bezwingen. Mit mehreren engen Haarnadelkurven windet sich das PostAuto anschliessend nach S. Carlo, der letzten Ortschaft im Bavonatal, hinauf. 

Auf dem grossen Parkplatz wartet der Bus auf die Rückfahrt
Auf dem grossen Parkplatz wartet der Bus auf die Rückfahrt

Die Strasse führt von hier aber noch weiter bis zur Luftseilbahn. Direkt vor der Talstation wendet das PostAuto und wartet die kurze Standzeit ab, bevor es wieder zurück ins Maggia Tal geht. Die meisten Fahrgäste des PostAutos haben ein Ziel, die imposante Gegend von Robiei. Die längste Luftseilbahn des Tessins, welche in 15 Minuten Fahrzeit fast 1000 Höhenmeter überwindet, wurde in den 60er-Jahre als Materialseilbahn für den Bau der Staumauern erstellt. Erst später wurde sie für das Publikum geöffnet und befördert seither mehr als 20'000 Personen im Jahr. 

anschlusslinien

AB S.CARLO:

2627, S.Carlo - Robiei

 

 

 


Last Update: 12.11.2024

Zuletzt gereist: 08.04.2021